Eine Postkarte von Ellen Glück aus Terezin nach Hamburg (1944)

Am 12. August 1944 schrieb Ellen Glück an Fritz Katz in der Dillstraße 15 in Hamburg-Eimsbüttel: „Wunder mich sehr, dass ich solange nichts aus Hamburg von der Gemeinde gehört habe. Man hat mich also schon ganz vergessen. Ich habe in der Grünenstraße 5, drei Jahre gearbeitet, zuletzt war ich im jüdischen Krankenhaus. Ich wohne hier mit Sch.[wester] Henny Rosenstein zusammen, wir sind neun Personen, es sind nämlich noch einige andere Kinder bei uns, und sie sorgt und kümmert sich um uns, wie es eine eigene Mutter nicht besser kann, genauso ihr Mann. Viele herzl.[liche] Grüße an Sie und alle Bekannten im jüdischen Krankenhaus. Ellen“.

Diese Postkarte ist das einzige und das vermutlich letzte dokumentierte Lebenszeichen von Ellen Glück. Zwei Monate später, am 6. Oktober 1944 wurde sie in das KZ Auschwitz verschleppt und ermordet. Ihr Bruder Peter war bereits am 28. September 1944 nach Auschwitz deportiert worden.  Bei der “Schwester Henny” handelt es sich um Hertha Rosenstein, die mit ihrer Tochter aus erster Ehe,  Lilly Lindenborn, und ihrem Mann, Oskar, die ebenfalls am 19. Juli 1942 deportiert wurden. 

Da die Mutter von Ellen und Peter, Erna Bogisch (geb. Glück), mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet war, wurden nur die beiden Kinder am 19. Juli 1942 verschleppt. Sie konnten die gewaltsame Trennung nicht verhindern. Ellen war zu dem Zeitpunkt 18 Jahre alt, Peter 17. Als sie am 20. Juli 1942 in Terezin ankamen, wurden die Familien von ihren Kindern getrennt und in einem eigenen Gebäude untergebracht. Ellen und Peter Glück lebten mit diesen Kindern zusammen. 

Im Hamburger Staatsarchiv liegen über 250 dieser Postkarten aus Terezin/Theresienstadt an Personen in Hamburg. Es sind Lebenszeichen an diejenigen, die noch in Hamburg lebten, die noch nicht deportiert waren oder wo die Absender:innen nicht wussten, was aus ihren Angehörigen und Verwandten geworden war.  Sie konnten die Garnisonsstadt Terezin, damals Theresienstadt, nicht verlassen, eine Kommunikation mit der Außenwelt war nicht möglich. Im Laufe der Zeit war eine Postverkehr unter bestimmten Bedingungen möglich. Einmal in drei Monaten durfte z.B. auf einer vorgedruckten Postkarten geschrieben werden. Was geschrieben wurde, war durch die Gestapo geregelt, die Postkarten Unterlagen einer mehrfachen Zensur. Einmal in Terezin, aber auch durch die Gestapo in Berlin, von wo alle Postkarten aus Terezin geschickt  wurden. Von dort wurden sie an die Empfangs- adressen weitergeleitet. Offenbar war es eine der Bestimmungen für Hamburg, dass Postkarten aus Terezin nicht direkt, sondern über die verbliebenen Personen der jüdischen Gemeinde in Hamburg geschickt werden mussten, zumindest lassen es die Postkarten im Staatsarchiv vermuten. 

Erinnerung an Deportationen vom 15./19. Juli 1942 über unserer Schule

Am 12. Juli 2024 findet eine Kundgebung zur Erinnerung an die Deportation von 1.500 jüdischen Menschen über die damalige Schule Schanzenstraße statt, zu denen auch Ellen und Paul Glück gehörten. Wir treffen uns um 17 Uhr am Hauptein- gang der Ganztagsgrundschule Sternschanze in der Altonaer Straße 38. 

Es bleibt ein schreckliches Bild, dass an diesen Tagen Menschen sichtbar unter den Augen der Nachbarschaft durch die Straßen bei uns um Viertel gingen oder mit Polizeiwagen in den Schulhof gebracht wurden. Viele kamen einen Tag vor der Deportation in der Schule an. Diejenigen, die bei uns im Viertel in den so genannten Judenhäusern leben mussten (Agathenstraße, Kleiner Schäferkamp, Schäferkampsallee), wurden vermutlich frühmorgens am Tag selber zur Schule gebracht. 

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