Marianne Geisler war eine Schülerin der Eimsbütteler „Mädchen-Volksschule in der Schwenckestraße 93“. Sie wurde am 11. März 1943 zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern nach Auschwitz deportiert. Ihre Mutter, Maria, kam im KZ ums Leben. Am 9. April 2025 findet in der heutigen Wolfgang-Borchert-Schule in der Schwenckestraße 91/93 eine Buchlesung statt, auf der es um die Erinnerungen ihrer Schwester Agnes geht. Diese ging auf die Volksschule in der Schwenckestraße 98. Aber es soll am 9. April 2025 auch um Marianne und ihre damalige Schule gehen.

Marianne Geisler wurde am 29. April 1931 in Rastow in Mecklenburg, in der Nähe von Ludwigslust, geboren. Ihre Eltern waren Maria Lauenburger (geb. 1903) und Peter Geisler (geb. 1899). Sie hatte noch fünf Geschwister: Anna (geb. 1922), Johann (geb. 1924), Paul (geb. 1927), Marianne (geb. 1931) und Agnes (geb. 1933). Ihr Vater war Artist und die Familie zog vorher mit dem Zirkus (von Manus Ackermann) im Wohnwagen durch Deutschland. Irgendwann hatte der Zirkus seine Zelte in Rastaw aufgebaut, so dass dies der Geburtsort von Marianne wurde. Durch Anordnung des NS-Regime vom 17. Oktober 1939 war es Roma und Sinti verboten, auf Wanderschaft zu gehen.
Ende der 1930er Jahre lebte die Familie Geisler im Hellkamp 36
Die Schwester von Marianne, Agnes, erinnerte sich später an ihre Wohnung im Hellkamp 36. “In unserer Wohnung stand in der großen Stube ein Klavier, es gehörte meinem Vater. Er war ein sehr musikalischer Mann und beherrschte insgesamt 14 Musikinstrumente. Neben dem Klavier u.a. Gitarre, Zitter und Saxophon.” Während Elly auf die Schwenckestraße 91 ging, war ihre Schwester Marianne auf der Mädchen-Volksschule Schwenckestraße 93 und Agnes auf der Schule Schanzenstraße 98. Die drei, so Agnes, wurden jeden Tag von ihrer Mutter zur Schule gebracht. Ihrer Mutter “war es auch immer wichtig, dass sie uns Kakao und mit Wurst und Käse belegte Brote mit in die Schule gab.”
Da die Familie zur Minderheit der Sinti in Deutschland gehörte, wurden sie vom NS-System politisch entrechtet, vertrieben und verfolgt. Mit den „Nürnberger Rassegesetzen“ (1935) wurden sie wie die jüdischen Menschen staatlich ausgegrenzt. Ihr „Blut“ schadete angeblich dem deutschen Volk. Sie wurden als „arbeitsscheu“‘und „asozial“ diffamiert. 1938 wurden die Männer willkürlich in KZs verschleppt , die Frauen zur Zwangsarbeit in Hamburger Unternehmen verpflichtet. Ab 1939 sollten alle Sinti und Roma aus Hamburg in ein Lager (in Billstedt) eingesperrt werden. Die Pläne wurden gestoppt, da sich 1940 die NS-Führung entschieden hatte, sie in den Osten zu deportieren. Damit begann ihre systematische Vernichtung. Die erste Deportation von fast 1.000 Sinti aus Hamburg in den Osten erfolgte am 20. Mai 1940 über den Hannoverschen Bahnhof (heute Hafencity, hinter dem SPIEGEL-Gebäude).


Marianne Geisler und ihre Familie wurden auf der zweiten Deportation über den Hannoverschen Bahnhof (heute Hafencity, hinter dem SPIEGEL-Gebäude) am 11. März 1943 ins KZ Auschwitz deportiert. Dort gab es das Lager neben dem Lager Auschwitz -Birkenau die „Sektion BIIe“, dass nur für die Sinti und Roma eingerichtet wurde.

Insgesamt waren auf dieser Deportation über Viehwagen 357 Roma und Sinti aus Hamburg. Zu den Deportierten gehörten auch die beiden Kinder ihrer Schwester Anna, Doris (geb. 1940) und Gisela Geisler (1942). Die Familie war bereits vor dem 11. März 1943 von der Hamburger Kriminalpolizei aus ihrer Wohnung im Hellkamp 36 abgeholt wurden und erst einmal im Fruchtschuppen C im Hamburger Freihafen verschleppt. Die Wohnungen wurden versiegelt, die örtliche Polizei kündigte die Wohnung beim Vermieter und der gesamte Haushalt wurde einfach vernichtet. In Auschwitz bekam sie die Nummer „Z-35768“ in den Arm tätowiert.

Ihre Mutter, Maria, und ihre Nichte, Gisela, überlebten das KZ Auschwitz nicht.
Marianne wurde zusammen mit ihrer Schwester Elly am 19. April 1944 von Auschwitz ins KZ Ravensbrück verschleppt. Das NS-System war am Niedergang und benötigte Arbeitskräfte in Deutschland.
Vom KZ Ravensbrück kamen sie Ende August 1944 ins KZ Buchenwald,

Marianne musste bei den HASAG- Werken in Altenburg bei Leipzig arbeiten, ein paar Tage später kamen sie Anfang September 1944 ins Außenlager Schlieben-Berga.
Am 13. September 1944 wurden sie über KZ Buchenwald in einem größerem Transport von 1057 Frauen ins Außenlager Tucha zusammengestellt, in dem auch Marianne und Elly waren.

Am 16. September 1944 wurden von 350 Frauen ins Außenlager Taucha verschleppt. Im September 1944 hatte die SS im Auftrag der Hugo Schneider AG ein Außenlager in Taucha mit bis zu 1.352 weiblichen Häftlingen eingerichtet. Die Frauen, darunter viele Sinti und Romnija, Jüdinnen sowie politische Gefangene, mussten in 12-Stunden-Schichten Kartuschehülsen und Granatmunition produzieren. Im Oktober 1944 befanden sich ungefähr 1.300 weibliche KZ-Häftlinge im Lager, darunter etwa 400 Jüdinnen und 335 Sintize und Romnja. Am 14. April 1945 trieb die SS etwa 1.200 Frauen,zu Fuß auf die sogenannten Todesmärsche Richtung Osten, wo ein Großteil wenige Tage später zwischen Mühlberg und Riesa an der Elbe befreit wurde.
Marianne und Elly Geisler kamen nach ihrer Befreiung am 9. Juni 1945 in Hamburg in der ersten Zeit in der Eimsbütteler Chaussee 45 im Haus 3. Ihr Vater und ihre Brüder wurden im August 1944 von Auschwitz in KZ Außenlager Mittelbau-Dora verschleppt. Sie überlebten und lebten auch in der Osterstraße 104.