Liebe Nachbarn in der Bellealliancestraße, am 9./10. November 1938 zerstörten SS-Truppen in Hamburg hunderte jüdische Geschäfte und Einrichtungen. Die Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 hin zur systematischen Verfolgung, die später in den Holocaust mündete. Am Abend des 9. November 1938 sprach “Reichspropagandaminister” Josef Goebbels von einer “Jüdischen Weltverschwörung“ und lobte die angeblich „spontanen“ judenfeindlichen Aktionen. Anlässlich der November-Pogrome 1938 in Deutschland möchten wir in unserem Wohngebiet an diesem Tag der Verfolgung jüdischer Menschen in unserem Wohngebiet zu erinnern.
Zerstörung und Verfolgung am 10. November 1938 auch bei uns im Stadtteil
Die Nazis wüteten 1938 auch bei uns im Stadtteil. Die Geschäfte von Artur Prager in der Bellealliancestraße 66 und Ivan Andrade in der Bellealliancestraße 68 wurden zerstört. Ivan Andrade wurde verhaftet und im KZ Sachsenhausen misshandelt. Zwei Lehrlinge aus der jüdischen Werkschule in der Weidenallee 10b, Klaus Heilbut und sein Bruder wurden am 10. November 1938 auf dem Weg nach Hause von den Nazis verfolgt. Henry Heilbut wurde dabei von einem Messer getroffen. Gusti Zucker wohnte in der Schäferkampsallee 41 und war Buchhalterin in dem Hamburger Traditionsgeschäft Robinson im Neuen Wall. Die SS zertrümmerte den Laden. Sie wurde zu ihrer Sicherheit nach Hause geschickt. Alphons Friedberg , ein ehemaliger jüdischer Mieter in der Vereinsstraße 61, wurde auch am 10. November 1938 verhaftet. Die Lehrlinge der Werkschule in der Weidenallee 10b wurden die Tage danach zur Rettung der Synagogen. Die November-Pogrome waren hier sehr präsent.
Virtueller Stadtteilrundgang und Kundgebung zu den November-Pogromen im Weidenviertel um 18 Uhr
Am 9. November 2020 führen wir eine virtuelle Kundgebung um 18 Uhr durch, um an das Geschehen zu erinnern. Zeitzeugen und Angehörige von NS-Opfern aus unserem Wohngebiet kommen zu Wort. Wir bieten außerdem einen virtuellen Rundgang zu Stolpersteinen im Viertel an. Zu einzelnen würden Verwandte, Patinnen der Stolpersteine oder deren Biographie-Autorinnen etwas erzählen. Es wird zwei Beiträge von zwei ehemaligen Lehrlingen aus der jüdischen Werkschule in der Weidenallee 10b geben: Kenneth Hale (98 Jahre) und Kurt Goldschmidt (97 Jahre). Sie waren 1939/40 in der Werkschule tätig und leben heute in New York. Der Enkel von Jacob Blanari, dem damaligen Ausbildungsleiter der Tischler, Benjamin Blanari, wird live dazugeschaltet. Gabor Gottlieb, Fraktionsvorsitzender der SPD-Eimsbüttel und Ali Mir Agha, Fraktionsvorsitzende der Grünen-Eimsbüttel werden an der virtuelle Kundgebung teilnehmen, aber auch Cornelia Kehr von der VVN.