Kundgebung am Montag, den 13. März 2023 um 18 Uhr vor der Ganztagsgrundschule Sternschanze/Altonaer Straße 38
Am 11. März 1943 wurden über 330 Sinti und Roma über Hamburg ins KZ Auschwitz verschleppt. Es war die zweite Deportation so genannter zigeunerischer Personen aus Hamburg nach dem Mai 1940, wo es über 1.000 waren, die ins polnische Belzec deportiert wurden. Bis zu 500.000 wurden bis 1945 von den Nazis insgesamt ermordet.
Im Wohngebiet um den Sternschanzen-Bahnhof lebten auch Verfolgte Sinti*zze und Rom*nja wie die Familie Rosenberg oder Lutz in der Vereinsstraße 18, Ernst Petermann und Amanda Steinbach in der Karolinenstraße 34 oder Wilhelmine Böhmer in der 33. Johann Rosenberg aus der Vereinsstraße 18 wurde im hessischen Hadamar in einer Pflegeanstalt ermordet, seine Schwester, Laura, ging seit 1939 in die Schule Schanzenstraße. Die damalige NSDAP-Schulleiterin, Emma Lange, mahnte im April 1942 in einem Schreiben an die Schulbehörde, dass sie wegen ihrer “Rasse” den Schulablauf störe. Laura war 14 Jahre alt, als sie im AK Altona wie ihre Geschwister Emilie und Martin zwangssterilisiert wurde.
Der Jahrestag der März-Deportation von 1943 ist für uns der Anlass, eine Kundgebung zur organisieren, um an Völkermord der Nazis an den Sinti*zze und Rom*nja zu erinnern. Was damals passierte, darf nicht vergessen werden. Ab 1933 begann auch auf staatlicher Ebene ihre systematische Diskrimierung und Ausgrenzung, gepaart mit rassistischer und völkischer Ideologie. 1935 wurde die Sinti*zze und Rom*nja in den Nürnberger “Rassegesetzen” den jüdischen Menschen gleichgestellt. Man sprach von einer „deutschen Wesensart“, die den Sinti und Roma fremd sei. Man bezeichnete sie später als „asozial“ und „arbeitsscheu“ und verschleppte sie Ende der 1930er Jahre in KZs, angeblich, um ihnen Arbeit “beizubringen”. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs durften sie ihre Wohnorte nicht mehr verlassen. Die Stadt plante, alle in Hamburg lebenden Sinti*zze und Rom*njai in einem Lager in Billstedt zu internieren: „Das Lager darf nur zur Arbeit verlassen werden.“ Die Pläne wurden fallen gelassen, da man sich für eine „Endlösung“ entschieden hatte. Im Mai 1940 fanden deutschlandweit ihre Deportation statt. Damit begann der geplante und systematische Massenmord an ihnen.
Mit dem Sieg über den Hitlerfaschismus am 8. Mai 1945 fand der Terror und das Morden ein Ende. Für die Sinti*zze und Rom*nja bedeutete es auch ihre Befreiung. Von denen, die überlebten, führte der Weg sie auch nach Hamburg zurück. In der zerstörten Stadt suchten und fanden sie Unterkunft bei Freunden und Verwandten oder in den Obdachlosenunterkünften wie z.B. in den Schule Ludwigstraße oder dem Bunker in der Juliusstraße/Schulterblatt im Schanzenviertel, aber auch vielen anderen Orten in Hamburg.
Der Terror fand ein Ende, das Verhalten der Stadt gegenüber den Roma und Sinti als Verfolgte änderte sich aber nicht. Ihnen wurden grundlegende Rechte vorenthalten und sie wurden weiter ausgegrenzt und verfolgt. Dazu gehörte ihre jahrzehntelange polizeiliche Erfassung. Ärzte, die die Zwangssterilisationen an den Sinti*zze und Rom*njas vornahmen wurden in den 1950er Jahren „rehabilitiert“. Entschädigungs- zahlungen der Stadt wurden ihnen immer wieder verweigert und zogen sich bis ins 21. Jahrhundert hin. Heute stellt sich die Stadt Hamburg ihrer Verantwortung in der Erinnerung und zieht in der Bekämpfung des Antiziganismus eine wichtige Aufgabe.
Rassismus ist eine schlimme Erscheinung, der man entgegentreten muss. Die Rechte der Roma und Sinti in unserer heutigen Gesellschaft zu sichern, zu wahren, aber auch wiederherzustellen, bleibt eine wichtige Aufgabe und Verpflichtung. Darauf verweist dieser 80. Jahrestag deren Deportation vom 11. März 1943.
Hamburg, im Februar-März 2023
ver.di Hamburg, Initiative Kein Vergessen im Weidenviertel, GEW Hamburg, Auschwitz-Komitee