An das Schicksal zweier jüdischer Lehrerinnen erinnert das Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium mit einer Gedenkplatte. Martha Behrend (1881-1941) und Gretchen Wohlwill (1878-1962) wurden beide auf Grund ihrer jüdischen Abstammung 1933 aus dem Schuldienst entlassen. Martha Behrend wurde im November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und dort ermordet. Gretchen Wohlwill gelang es, 1940 über Italien nach Portugal zu emigrieren und dort dem Holocaust zu entgehen. Vor der Schäferkampsallee 27 erinnert ein Stolperstein an Gretchen Wohlwill.
Martha Behrend hatte die Ausbildung für das höhere Lehramt absolviert und unterrichtete an der Emilie-Wüstenfeld-Schule, die ab 1897 eine private „höhere Mädchenschule“ war und 1912 die staatliche Anerkennung als „Lyzeum“ erhielt. Sie lehrte Handarbeit und Turnen. Ehemalige Schülerinnen berichteten, „dass die EWS damals als die strengste Schule Hamburgs galt (Ringe durfte man nicht tragen, die Sauberkeit der Fingernägel und des Taschentuchs wurden täglich kontrolliert, die Schülerinnen mussten aufrecht und mit den Händen auf dem Tisch sitzen und durften die Köpfe nicht zur Seite drehen.) Das Verhältnis zu den Lehrern war äußerst distanziert. Die Schülerinnen erfuhren nichts aus dem privaten Bereich der Lehrer. Sie wussten auch nicht, dass ihre Sportlehrerin, die strenge Frau Behrend, Jüdin war.“
Martha, Edith, Elsa und Helene wurden am 18. November 1941 nach Minsk deportiert. Die vier Schwestern fuhren fünf Tage lang in überfüllten Zügen in das Getto Minsk. Dort angekommen, empfing sie bei minus 25 Grad eisige Kälte und ein Lager, in dem kurz zuvor Tausende Menschen umgebracht worden waren, um für den neuen Transport Platz zu schaffen. Die Menschen litten furchtbar unter Hunger, Kälte und willkürlichen Erschießungen; die Sterberate war extrem hoch. Wie lange die Geschwister den Terror überlebten, ist unbekannt.
Ihr Bruder, Dr. Roland Behrend und dessen Frau, Nanny Behrend wurden mit dem Deportationszug vom 15. Juli 1942 nach Theresienstadt verschleppt und starben im Winter 1943.
Zusammen mit der Malerin Gretchen Wohlwill gehörte Martha Behrend der „Kindergesellschaft“ an, einer lockeren Verbindung von Lehrerinnen, die abendliche Zusammenkünfte veranstaltete.
Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin war Gretchen Wohlwill als Malerin bekannt, sie gehörte zur Künstlervereinigung „Hamburgische Sezession“. 1931 schuf sie im Auftrag des damaligen Hamburger Oberbaudirektors Fritz Schumacher im Treppenhaus ihrer Schule zwei Wandbilder. 1938 wurden diese Bilder mit Motiven aus der „Hitlerjugend“ (HJ) und dem „Bund Deutscher Mädel“ (BDM) übermalt.
Nach dem Ende der NS-Herrschaft kehrte Gretchen Wohlwill nach Hamburg zurück und war weiterhin künstlerisch tätig. Bilder von ihr hängen in der Hamburger Kunsthalle und im Hamburg Museum (ehemaliges Museum für Hamburgische Geschichte). Die Freilegung ihrer beiden Wandgemälde im Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium erlebte sie jedoch nicht mehr: Erst seit 1993 sind sie wieder zu sehen, um an die nationalsozialistische Verfemung der Kunst Gretchen Wohlwills zu erinnern.