Bodo Haß, 2. Stellvertretender Vorsitzender der Hamburger GEW, besuchte heute die Ganztagsgrundschule Sternschanze im Schanzenviertel. An der Namenstafel der jüdischen Deportierten vom Juli 1942 legte er Blumen nieder. Auf der Tafel stehen die Namen von 1.700 jüdischen Menschen, die am 15. und 19. Juli 1942 die über diese Schule nach Theresienstadt/Terezin in der CSR deportiert worden. Von ihnen überlebten nur wenige.
Eine weitere Tafel ist auf Initiative von Wilhelm Mosel auf Schulgelände Mitte der 1980er Jahre verdanken. Der Lehrer war Ende der 70er auf die Spuren ehemaligen jüdischen Lebens in Hamburg gestoßen, und seitdem ließ ihn dieses Thema nicht mehr los. Als einer der erster in Hamburg führte er Stadtgänge zur Geschichte der Juden durch : in Neustadt/St. Pauli, in Eimsbüttel, vor allem im Grindelvierteldurch. Wilhelm Mosel setzte durch, dass in Hamburg zahlreiche Gedenktafeln angebracht und Gedenksteine gesetzt wurden. Man findet sie überall : z.B. an der Seitenwand des „Pferdestalls“ am Allende-Platz; am Haus Laufgraben 27, dem früheren jüdischen Mädchen-Waisenhaus; am Bahnhof Altona, wo am 28.Oktober 1938 die Todesfahrt der Opfer der“Polen-Aktion “ begann oder am Schulhof der Schule Schanzenstraße.
„Die GEW setzt sich dafür ein, dass alle Menschen die Kompetenzen erwerben können, die für eine aktive Teilnahme an der Gestaltung der zukünftigen Entwicklung erforderlich sind. Aus gewerkschaftlicher Perspektive erhalten dabei Menschenrechte und internationale Gerechtigkeit vor dem Hintergrund interkultureller Verständigung eine besondere Bedeutung. Die Tafel ermahnt uns, dass wir alle dazu, auch Jahrzehnte nach der Befreiung von der NS-Herrschaft, einen Beitrag leisten können und müssen. Jede und jeder kann heute damit anfangen.“, so Bodo Haß an der Tafel. „Es wichtig, dass diese Erinnerungsarbeit in den Schulen stattfindet, wo ja nicht „nur“ Stoff gelehrt und gelernt werde. Hier wird Gemeinschaft, Vielfalt und Toleranz erlebt und gelebt!“
Danach beteiligte er sich an der Reinigung der Stolperschwelle vor dem Schuleingang zur Ganztagsgrundschule Sternschanze, auf Höhe der Schanzenstraße. Die Stolperschwelle war im letzten Jahr für die 13 Schülerinnen und Schülern der Israelitischen Töchterschule aus der Karolinenstraße, die ebenfalls zu denDeportierten vom 15. und 19. Juli 1942 gehörten, gestaltet worden.
Bodo Haß erinnerte an die Ausführungen der damaligen GEW-Vorsitzenden, Anja Bersinger-Stolze, auf der Kundgebung 2021 vor der Schule. “Für uns als Bildungsgewerkschaft hat die Aufarbeitung der NS-Geschichte hohe Priorität. Die Erziehung in der Nazi-Zeit hatte die Aufgabe, gehorsame Menschen zu erzeugen. Die ein rassissches Weltbild haben. Die Frauen geringer bewerten als Männer. Die die Wissenschaft beugen und missbrauchen. Die Nazi-Lehre ist anti-humanistisch, sie ist chauvinistisch, sie stellt die Zucht eine bestimmten Menschentyps in den Mittelpunkt ihrer Ziele. Für uns steht der Mensch und seine freie Persönlichkeitsentwicklung im Mittelpunkt. Dies kann nur in einer Demokratie geschehen und im Frieden. … Bis heute sammeln wir von der GEW daher Biographien, um die Menschen und deren Schicksale in Erinnerung zu behalten – auch die der Täterinnen und Täter.. Dass hier an der Schule bis in die 1980-er Jahre hinein Pädagoginnen mit NS-Geschichte eine leitende Aufgabe hatten, muss uns alle beschämen. “
Aufmerksam hörte er den Ausführungen der Stadtteil-Initiaitive zu, die anmerkte, dass die Erinnerung an diesen tragischen Ort immer wieder aus der Zivilgesellschaft, aber nicht der Hamburger Schulbehörde gestartet und umgesetzt wurden. Die Schule Schanzenstraße sei der einzige Ort, über die von 1941 bis 1945 eine Deportation jüdischer Menschen organisiert wurde. Nach der Auffassung der Initiative entziehe sich die Hamburger Schulbehörde ihrer politischen Verantwortung für die Erinnerung an das NS-System für diesen Ort, gerade auch, wenn man bedenkt, dass bis in die 80er Jahre ehemalige NSDAP Mitglieder hier Schulleitung waren.
“Es schmerzt, hier am Eingang der Ganztagsgrundschule Sternschanze vor den Tafeln zu stehen und die einzelnen Namen zu lesen. Die damalige Sammelstelle hier in der Schanzenstraße war die einzige Schule Hamburgs, über die die Gestapo damals eine Deportation durchführte. Dieser historische Ort stellt auch für uns als Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine besondere Verpflichtung dar, das Vergangene nicht zu vergessen. Mein Besuch soll das unterstreichen. Wir stellen uns heute gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und gegen jegliche Form von Diskriminierung,” so Bodo Haß.