1957 folgte Ingrid Möller Emma Lange in der Funktion der Schulleiterin. Hans-Peter de Lorent schreibt in seinem Buch „Täterprofile“: „Ein ungewöhnlicher Fall ist die Geschichte von Ingrid Möller, die, Jahrgang 1920, in Hamburg zur Schule ging, nach kurzem Studium die erste Lehrerprüfung ablegte und dann bis Ende April 1945 als BDM-Führerin tätig war, zum Schluss als Bannmädelführerin. Nach dem Krieg war sie deswegen fast ein Jahr im Lager Staumühle bei Paderborn interniert.“
Ingrid Möller wurde am 12.4.1920 in Altona geboren. Sie besuchte dort von 1926 bis 1930 die Grundschule der 5. Mädchen-Volksschule, wechselte danach bis 1936 auf das Oberlyzeum Altona und legt an der Frauenschule Altona 1938 die Reifeprüfung. Am 1. Juli 7.1933 war sie in die HJ (BDM) eingetreten. Während ihres Studiums vom 1.Mai. 1939 bis zum 1. Oktober 1940 war sie Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes und am 1. September 1939 trat sie in die NSDAP war. Sie studierte von April 1939 bis zum 2. Oktober 1940 an der Hochschule für Lehrerbildung und schloss die erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit „gut“ ab. Ingrid Möller war 24 Jahre alt, als sie 1944 zur Bannmädelführerin befördert wurde. Damit befand sie sich auf der sechsten Hierarchieebene des BDM, im Ranggefüge mit der Wehrmacht verglichen, rangierte sie auf der Stufe eines Oberst.
Ingrid Möller hatte ihre Ausbildung als Lehrerin 1940 noch nicht beendet. Sie stellte Ende April 1945 den Antrag als Amtsanwärterin in den Hamburger Schuldienst. Da die Schulen noch geschlossen waren, arbeitete Ingrid Möller im Sommer 1945 auf eigenen Wunsch als Hilfsschwester im staatlichen Krankenhaus Langenhorn. Inzwischen hatte sie ihren Entnazifizierungsfragebogen abgegeben: „Nach Ausfüllung meines Fragebogens im Juni 1945 riet mir Herr Schulrat Schmidt, dessen Schulkreis ich damals zugeteilt worden war, meine Kündigung bei der Hamburger Schulverwaltung einzureichen, da ich sonst eventuell mit einer Kündigung von Seiten der Schulverwaltung zu rechnen hätte. So schied ich zum 1.8.1945 aus.“ Diese Menschen wussten schnell, wie sie täuschen und lügen mussten, um bei der Entnazifizierung in eine Kategorie zu gelangen, damit sie wieder im Staatsdienst arbeiten können. Gegenseitig gaben sich Lehrer und Lehrerinnen u.a. eine Art „Persilschein“.
Im Herbst 1945 bat sie um die Genehmigung, am Sonderlehrgang für Junglehrerinnen in Hamburg teilnehmen zu dürfen, so dass sie im Winter 1945 die Vorlesungen und Übungen dieses Lehrganges besuchen konnte.
Im Rahmen ihrer ersten Überprüfung ihrer NS-Vergangenheit im Sommer 1945 versuchte sie noch, zu täuschen. So erklärte sie: „Da ich im April 1945 in Hamburg keine Einsatzmöglichkeiten für mich bestanden, bekam ich die Anweisung, mich in einer Langenhorner Kaserne zu einem dort laufenden Frauen- und Mädellehrgang zu melden.“ Dazu vermerkte die britische Militärregierung am 29. Januar 1946 über Ingrid Möller: Sie war „war von 1942–1943 Bannmädelführerin in Wilhelmshaven. 1943 wurde ihr die Leitung der BDM-Führerinnen-Schule in Lesum bei Bremen übertragen, wo sie persönlich die weltanschauliche Schulung durchführte. Später besuchte sie eine Sabotageschule in Langenhorn, die unter Leitung der SS stand. Der Ausbildungsplan umfaßte auch Ausbildung der BDM-Angehörigen zur Arbeit in Kasernen der Alliierten, um dort Nachrichten über Truppenbewegungen zu erlangen, und Arbeit in alliierten Küchen und Kasinos, um dort das Essen zu vergiften.“
Sie wurde aber aus dem Lehrgang entlassen, mit der Begründung, „am Wehrwolf beteiligt zu sein“. Die Organisation „Wehrwolf“ (meistens Werwolf geschrieben) war eine nationalsozialistische Freischärler- bzw. Untergrundbewegung am Ende des Zweiten Weltkrieges, die im September 1944 von SS-Reichsführer Heinrich Himmler ins Leben gerufen worden war. Kommandos des Werwolf verübten vereinzelte Brandstiftungen und Sabotageakte und richteten sich in den letzten Kriegswochen vor allem gegen Deserteure und kriegsmüde Deutsche. Durch einen Rundfunkappell des „Sender Werwolf“ wurde diese Bewegung am 1. April 1945 als angeblich „spontane Untergrundbewegung“ der deutschen Bevölkerung in den besetzten Gebieten des Reiches bekannt gemacht: „Haß ist unser Gebet und Rache unser Feldgeschrei.“
Am 22. August 1947 bewarb sie sich wieder um eine Wiedereinstellung in den Schuldienst und bekam auch durch Nazi-Leumundschaft die Entnazifizierungsstufe IV. Ingrid Möller absolvierte den zweiten Teil ihrer Lehrerausbildung an der Schule Schanzenstraße 105, an der die ehemalige NSLB-Gauverantwortliche für die Mädchenerziehung, Emma Lange, Schulleiterin war.
Zum 75. Gründungstag der Schule Schanzenstraße 1959 zeigte das ehemalige NSDAP-Mitglied, Ingrid Möller und Schulleiterin, wie sie zur NS-Zeit der Schule stand. „Das handschriftliche Redemanuskript von Ingrid Möller ist erhalten geblieben“, schreibt Hans-Peter de Lorent. Die Nazi-Geschichte der Schule wird hier überhaupt nicht erwähnt.