jetzt wurden wieder drei Stolpersteine vor dem Kleinen Schäferkamp 32 verlegt, für Lina Barth, ihrem Sohn Rudolf und dessen Partnerin Ester. Da das Haus ein so genanntes Judenhaus, eine Massenunterkunft für jüdische Menschen war, liegt es nahe, dass hier viele Steine liegen und sicher noch weitere verlegt werden. Bevor es ein „Judenhaus“ wurde, war es ein Wohn-Stift, wo die Bewohnerinnen und Bewohner bis zur NS-Zeit keine Miete zahlen mussten, sondern nur die Betriebskosten. Stellen Sie sich das mal heute vor! Insgesamt waren hier acht Freiwohnungen. Die Räume im Erdgeschoss waren gewerblich vermietet, umso Einnahmen für den Zweck der Stiftung zu generieren.
Die am 20. November 1887 geborene Lina Heimann, war mit Simon Bähr verheiratet, der im 1. Weltkrieg gestorbenen war. Das Paar hatte nach meiner Recherche vier Kinder. Gefunden habe ich die Namen von Erwin (8. Februar 1907), Harry (7. November 1911) und Rudolf (15. Juni 1914). Lina wohnte seit 1925 im Samuel-Levinsohn-Stift, im Kleinen Schäferkamp 32, zuerst im 1. Stock, 1930 zog sie in den 2. Stock. Als der Charakter des Hauses sich zum „Judenhaus“ veränderte, mussten sie ab 1940 im 3. Stock in einer Massenunterkunft leben.
Leider konnte ich im Hamburger Staatsarchiv wenig über die drei finden können. Ester Dajcz wurde am 10. April 1919 in Lübeck geboren und war mit Rudolf Bähr seit Oktober 1941 verheiratet. Rudolf Bähr muss schon länger bei seiner Mutter im Kleiner Schäferkamp 32 leben haben. Wo er vorher gewohnt hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Lina und ihr Sohn, Rudolf, wurden am 18. November 1941 nach Minsk deportiert. Was aus Ester Bähr wurde, weiß ich zur Zeit nicht.
Bis zur „Arisierung“ des ehemaligen Samuel-Lewinsohn-Stift 1942/1943, also der Enteignung der ehemaligen jüdischen Eigentümer, wurde über den Kleinen Schäferkamp 32 mehr als hundert Bewohner/innen seit dem 25. Oktober 1941 verschleppt. Nach den letzten beiden Deportationen am 15. und 19. Juli 1942 wurden die Wohnungen versiegelt und ausgeräumt. Der Erlös der Haushaltsversteigerung von Lina Barth wurde am 2. Januar 1942 in Höhe von 1.329,40 RM bei der Kasse der Oberfinanzbehörde abgeführt. Lina und Robert wurden nach 1945 für tot erklärt.
Dieses Jahr ist der 80. Jahrestag der Deportation von 1.700 jüdischer Menschen am 15. und 19. Juli 1942 von Hamburg nach Theresienstadt/Terezin in der CSR. Die meisten wurde über die Sammelstelle in der Schule Schanzenstraße verschleppt. Es gab bei uns in unmittelbare Nähe weitere dieser Massenunterkünfte wie in der Schäferkampsallee 25,27, 29 und der Agathenstraße 3.
Am 15. Juli 2022 findet um 18 Uhr auf dem Schulhof der heutigen Ganztagsgrundschule Sternschanze anlässlich des 80. Jahrestages eine Kundgebung statt. Im Anschluss werden alle Namen der Deportierten am Haupteingang der Schule auf Höhe der Altonaer Straße angebracht.