Erinnerung an November-Pogromen mit Zeitzeugen aus New York am 9. November 2020 um 18 Uhr in Hamburg-Weidenviertel
Am 9. November 2020 findet um 18 Uhr in Erinnerung an die November-Pogrome 1938 im Hamburger Weidenviertel, zwischen Sternschanze, Schlump und Christuskirche, eine Kundgebung und Stadtteilrundgang im Netz statt. Der ursprüngliche Kundgebungsort vor der Gewerbehaus in der Weidenallee 10b wurde, corona-bedingt, ins Netz verlagert. In der Weidenallee 10b war von 1935 bis 1941 eine jüdische Werkschule, die Lehrlinge als Tischler und Schlosser ausbildete. Sie sollten für eine neue Heimat außerhalb Nazi-Deutschlands einen Beruf erlernen, der ihnen das Überleben ermöglicht. Zwei ehemalige Lehrlinge aus 1939/1940, Kenneth Hale und Kurt Goldschmidt werden aus New York zur Kundgebung direkt zugeschaltet. Beide haben als Jugendliche den 9. November 1938 erlebt. Kenneth Hale und sein Bruder flohen vor den SS-Horden, die seinen Bruder verletzten.
Die Initiative “Kein Vergessen im Weidenviertel” organisiert den (virtuelle) Stadteilrundgang und Kundgebung, um die November-Pogrome im Viertel in Erinnerung zu rufen. Die Geschäfte von Ivan Andrade und Arthur Prager der Bellealliancestraße 66 bzw. 68, unmittelbar in Nähe der Eimsbütteler Christuskirche, wurden am 10. November 1938 zerstört. Alphons Friedberg, ehemals Mieter in der Vereinsstraße 61 wurde am 10. November 1938 verhaftet. Gusti Zucker aus der Schäferkampsallee 41 wurde an diesem Tag nach Hause geschickt, um sie zu schützen. Sie war Buchhalterin im Damenkonfektionshaus Robinson am Neuen Wall. Die jüdischen Lehrlinge der Werkschule Weidenallee halfen die Tage nach den November-Pogrome, die zerstörten Synagogen in Hamburg zu retten.
“Corona-bedingt haben wir die Kundgebung ins Netz verlagert. Wir schätzen das Leben und die Gesundheit”, so Holger Artus. “Wir werden das geplante Programm aber genauso durchführen, eben nur im Netz. Aktuell verteilen wir unsere Infos im Wohngebiet und laden unsere Nachbarn zur Teilnahme ein. Auch Plakate weisen auf die virtuelle Kundgebung hin.” Es gibt einen virtuellen Stadtteilrundgang zu verschiedenen Orten, zu den Angehörigen von NS-Opfern, Paten oder Autorinnen von Stolpersteinen erzählen. “Sicher ist die virtuelle Konferenz mit Kenneth Hale, der damals Klaus Heilbut hieß und Kurt Goldschmidt emotional ein Höhepunkt dieses Rundgangs. Auch Enkel des von den Nazis ermordeten Ausbildungsleiters der Werkschule, Jacob Blanari, wird dabei sein. Benjamin Blanari wird aus Madrid zugeschaltet werden.”
Die Veranstalter wollen nicht nicht nur an die November-Pogrome 1938 erinnern, sie wollen auch Haltung gegen Antisemitismus und Rassismus zeigen. In der virtuellen Konferenz werden Gabor Gottlieb, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung Eimsbüttel und Ali Mir Agha, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksversammlung Eimsbüttel zu Wort kommen. Für die VVN wird deren Bundesvorsitzende, Cornelia Kehr, dabei sein.
Weitere Informationen zu Kundgebung, zum Gewerbehaus in der Weidenallee 10b und der dortigen Werkschule, dem jüdischen Schulsystem, Kenneth Hale oder Kurt Goldschmidt und andere Lehrlingen der Werkschule oder Orten der November-Pogrome u.v.a.m. unter www.sternschanze1942.de,
Hamburg, den 4. November 2020