Wir sprechen heute als Aktivist_innen aus der Roten Flora als Ort autonomer antifaschistischer Organisierung, wir können aber nicht für sie sprechen.
Für uns als autonome Antifaschist_innen stellt Gedenkarbeit einen zentralen Gegenstand unserer Arbeit dar, so nehmen wir stets beim jährlichen Gedenken in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme teil.
Aber auch unsere aktive Erinnerung an die rassistischen und antisemitischen Morde und Brandanschläge der letzten Jahrzehnte in Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Lübeck, Hamburg, nicht zuletzt auch Hanau und Halle und zahllosen anderen Orten zeigt uns, wie allgegenwärtig und tödlich rechte Gewalt in Deutschland war und ist. Aber es zeigt sich auch wie stark und wirksam gemeinsame Organisierung und gelebte Solidarität unter Betroffenen und Überlebenden sein kann.
Staatlicher Antifaschismus ist hingegen zumeist nur ein Lippenbekenntnis, die gesellschaftlichen Ursachen des Rechtsrucks – nämlich die soziale Ungleichheit, Rassismus, Antisemitismus, Misogynie und Queerfeindlichkeit – werden nicht bekämpft, sondern noch häufig verstärkt.
Die wohlfeilen Reden der Staatsfrauen und – männer anlässlich von Gedenktagen sind blanker Hohn, wenn man sich anschaut, wie wenig Aufarbeitung und Entschädigung es von 1945 bis heute wirklich gegeben hat. Um das zu wissen, müsste die deutsche Gesellschaft nicht nur über tote Jüdinnen und Juden sprechen, sondern den Lebenden zuhören. Arbeiten von Max Czollek oder Achim Doerfer zeichnen ein sehr genaues Bild davon, wie verwurzelt der deutsche Faschismus in dieser Gesellschaft ist und wie wenig sie dafür getan hat, dass sich das ändert.
Der Nationalsozialismus und seine gesellschaftlichen Grundlagen wurden bis heute im postfaschistischen Deutschland kaum verstanden, entsprechend wenig hatte und hat man seinen Auswüchsen nach 1945 bis heute entgegenzusetzen.
Der vielzitierte Satz von Esther Bejarano, dass man sich im Kampf gegen Nazis nicht auf den deutschen Staat verlassen kann, wird nicht weniger richtig, je öfter man ihn wiederholt.
Wir sind aktuell mit einem Staat konfrontiert, der eine adäquate Verfolgung von gewalttätigen Neonazis und anderen extremen Rechten, auch in Polizei, Bundeswehr und anderen staatlichen Behörden vermissen lässt und andererseits versucht an militanten Antifaschist_innen Exempel zu statuieren.
Sei es die Verhaftung von Lina E. und ihre filmreife Überführung nach Karlsruhe mit der Helikopter und der sich anschließende politisch motivierte Prozess; die öffentliche Fahndung nach ihren Genoss_innen oder zuletzt die rechtswidrige Auslieferung von Maja an den ungarischen Unrechtsstaat, weil Maja womöglich Neonazis in Budapest verletzt haben soll. Maja erwarten als nichtbinäre Person schlimmste Haftbedingungen, doch auch das hielt den deutschen Staat nicht von der Auslieferung ab. Unsere Solidarität gilt allen, die Nazis konsequent bekämpfen.
Sind wir momentan zum einen mit dem gesellschaftlichen Rechtsruck, den Erfolgen der in weiten Teilen faschistischen AfD und staatlicher Repression gegen Antifaschist_innen konfrontiert, müssen wir und gleichzeitig besonders gegen den beängstigend starken Antisemitismus seit dem 7.10. stellen.
Deswegen begrüßen wir es, dass die Massaker der Islamisten in Israel und die Verantwortung des Irans im Aufruf für dieser Veranstaltung
berücksichtigt und konkret benannt werden. Viele Genoss_innen aus der Roten Flora solidarisieren sich klar und deutlich mit den Menschen in Israel und Jüdinnen und Juden weltweit und nehmen die aktuelle Bedrohung durch den global erstarkenden Antisemitismus – auch von links – sehr ernst und versuchen dem etwas entgegen zu halten. Wir müssen versuchen uns nicht auf einfache Schuldzuschreibungen, autoritäre Sehnsüchte nach klaren Feindbildern und einem simplen Denken in Gut und Böse einzulassen. Ebenso wenig sind Rassismus und Entmenschlichung gegenüber den Palästinenser_innen zu
akzeptieren.
Lasst uns gemeinsam diskutieren und streiten. Setzen wir uns gemeinsam für ein Leben ohne Krieg und Faschismus ein.