In den 1930er Jahren wohnte die Familie Hartmann im Grützmachergang 33 in Hamburg-St. Georg. Im 1. Stock hatten sie eine 3-Zimmer-Wohnung mit Küche. Die Kinder gingen in die katholische Schule in der Danziger Straße 60 bzw. die Schule Bülaustraße 38 (Lohmühlenpark).
Die Familie war bereits zum 16. Mai 1940, weil sie Sinti*zze waren, im Fruchtschuppen C im Hamburger Hafen inhaftiert worden, konnten sich aber dem Transport am 20. Mai 1940 aus unbekannten Gründen entziehen und waren seit dem 24. Mai 1940 wieder in ihrer Wohnung. Zu den 1940 aus der Nachbarschaft Verschleppten gehörten auch Hugo (geb. 26. November 1898), Regina (geb. 30. Mai 1890) und ihre Tochter, Frieda Rose (geb. 18. April 1929) aus dem Grützmachergang 44. Bei Hugo Rose wohnte seit April 1939 u.a. auch Fritz Strauss (geb. 12. März 1925), der ebenfalls am 20. Mai 1940 über den Hannoverschen Bahnhof deportiert wurde.
Sie alle mussten ihr Hab und Gut an diesem Tag komplett zurücklassen, die Wohnung wurde versiegelt. Vom zuständigen “Revierwachtmeister” wurde das Mietverhältnis beim Vermieter gekündigt. Das Hamburger Amtsgericht bestellte eine so genannte Pflegschaft: “In der Pflegesache Hugo Rose sind Hausstandsachen, sowie einige Schmuckstände, alte Münzen … vorgefunden. Die Münzen sind der Reichsbank unentgeltlich überlassen, der Hausstand ist öffentlich versteigert.”
Zur Familie Anna Hartmann/Erwin Brandt aus dem Grützmachergang 33/34
Anna Hartmann (geb. 2 Februar 1895) und Erwin Brandt (geb. 19. September 1902) hatten neun Kinder, von denen Sophie und Margot die KZs überlebten.
Deportation von Anna Hartmann und ihrer Kinder nach Auschwitz am 11. März 1943
Die meisten der Familie wurden am 11. März 1943 von Hamburg nach Auschwitz deportiert: Helene (geb. 31. Dezember 1924), Walter (11. Januar 1928), Fritz (geb. 5. März 1930) Heino (geb. 4. Mai 1932), Wilhelm (geb. 19. Januar 1935), Adolphine (geb. 29. April) und ihre Anna Hartmann. Erwin Brandt am 19. April 1943 über Berlin nach Auschwitz deportiert.
Vorher verhaftete Kinder der Hartmanns
Hugo (4. August 1922) wurde am 26. Juni 1942 ins KZ Sachsenhausen, Margot (geb. 3. September 1923) am 6. August 1942 ins KZ Ravensbrück verschleppt. Sophie (geb. 13. Januar 1926) war seit dem 26. Juni 1942 im Gefängnis Hütten (Hamburg-Neustadt) inhaftiert. Die beiden Schwestern waren wegen angeblichen Diebstahls 1942 zu »Erziehungszwecken« im Sommer 1942 zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Von dort wurden sie ins KZ Ravensbrück verlegt.
Zusammen mit Anna Hartmann und ihren in der Wohnung verbliebenden Kinder wurde der bei ihnen mitwohnende Robert Wuchinger (geboren am 6. Juli 1906 ) am 11. März 1943 ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern und Geschwister waren im Mai 1940 bereits alle nach Belzec verschleppt worden. Er wurde am 18. November 1943 in Auschwitz ermordet.
Grützmachergang gibt es nicht mehr in St.Georg
Den Grützmachergang gibt es seit den 1980er Jahre nicht nicht im Hamburger Stadtteil Str. Georg mehr. Bis dahin lag er zwischen der Rostocker Straße und der Revaler Straße. Der Eingang zu den Häusern in der Stiftstraße 10 – 16 auf Höhe des Friedensstein war der ehemalige zum damaligen Grützmachergang.
Mit dem Bebauungsplanung von 1977 und den dann erstellten Neubauten verschwand der Grützmachergang. In einem Bebauungsplan von 1955 kann man etwas den Eindruck von der sehr kargen Bebauung nach der Zerstörung gewinnen. Vor 1943 waren hier viele Häuser, die Hausnummern gingen von 1 – 46. Hinter den Häusern 26/28 und 32 waren noch vierstöckige Gebäude.
Was soll am 27. April 2024 passieren?
Am Sonnabend, den 27. April 2024, 11 Uhr, werden elf Stolperstine auf Höhe des Friedensstein in der Stiftstraße/Eingang zu den Hausnummer 10 bis 14 verlegt, um an die Sinti und Roma zu erinnern, die hier einst wohnte, von den Nazis verfolgt und ermordet wurden.